Systemmedizin
Forschungsziel
Die Entdeckung und Entwicklung neuer und potenziell wirksamerer Medikamente leidet unter einer konzeptionellen Krise, die auch die Medizin allgemein betrifft: Krankheiten werden derzeit anhand von Symptomen (z.B. Bluthochdruck, Depression) oder betroffenen Organen (z.B. Herzinsuffizienz, Nephropathie) definiert und diagnostiziert. Es mangelt an einem Verständnis der Krankheitsmechanismen, welches die Krankheitsdefinitionen verbessern und eine fundiertere Auswahl und Entwicklung von Therapien ermöglichen könnte. Das neue Feld der Systemmedizin befasst sich mit diesen Problemen. Zu den wichtigen Forschungszielen gehören mechanistische Definitionen von Krankheiten, drug repurposing und de novo Endophänotypisierung. Die Systemmedizin ist sehr interdisziplinär und kann nur dann erfolgreich sein, wenn Biologen, Kliniker und Informatiker eng zusammenarbeiten.
Forschungsgegenstand
Moderne Omics-Technologien werden immer günstiger, umfassender und präziser. Darüber hinaus gibt es ein immenses Wachstum an öffentlichen Datenbanken zu molekularen Interaktionen, Komorbiditäten, Medikamentenwirkungen usw. Integrative Methoden können diese Daten nutzen, um zukünftige klinische Entscheidungen zu verbessern. Insbesondere die Netzwerkbiologie und das maschinelle Lernen sind zentrale Säulen der notwendigen Methodik, die Multi-omics-Studien ergänzen. Dies wird bei der de-novo-Endophänotypisierung deutlich, die die Stratifizierung von Patienten nicht nur auf Basis einfacher molekularer Marker, sondern auf Basis zusammengesetzter netzwerkbasierter Marker umfasst. Big-Data-Analytik wird in-silico-Studien ermöglichen und damit drug repurposing und die Entwicklung neuer (zusammengesetzter) Biomarker und therapeutischer Ansätze beschleunigen. Der Erfolg der Systemmedizin hängt von der Verfügbarkeit großer Datensätze ab. Eine wichtige technologische und gesellschaftliche Frage ist daher, wie wir Barrieren abbauen können, die den Austausch von Daten zwischen medizinischen Einrichtungen verhindern.